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Vertrauen ist die härteste Währung des Mittelstands

 

Lassen Sie sich doch kurz in eine andere Gedankenwelt führen. Angenommen, Sie produzieren E-Zigaretten, die bei der Nutzung durch den Kunden bestimmte Schadstoffwerte nicht übersteigen dürfen. Kein Problem, das schafft man auch gegenüber der Zulassung, bevor das Produkt am Markt eingeführt wird. Nach einigen Jahren des erfolgreichen Verkaufs stellen Experten fest, dass die eingebauten Filter im Zeitablauf nicht ausreichend sind, um den Benutzer entsprechend zu schützen. Wie verhalten sich denn Mittelstandsunternehmer als Produzenten, wenn Sie von der Filterschwäche erfahren?

Ist es aufgrund des aufgebauten Vertrauens zu seinen Kunden doch eher symptomatisch, unaufgefordert schnell zu reagieren und seinen Kunden einen verbesserten Filter zur Verfügung zu stellen? Sie sagen, das ist doch logisch? Natürlich ist es immer leichter, einen Fall theoretisch zu betrachten, als ihn in der Praxis lösen zu müssen. Ich halte diese Verhaltensweise auch für sehr wahrscheinlich. Nicht zuletzt, weil es auch im Gegensatz zu anderen Unternehmensformen direkt mit der Unternehmerfamilie in Verbindung gebracht wird. Sind mittelständische Gesellschaften in der Wirtschaft und Bevölkerung vielleicht auch deshalb etwas beliebter und genießen mehr Vertrauen, weil sie verlässlicher sind?

Vertrauen durch Erfahrung

Auch auf der Seite der Beschäftigten hat das Thema „Vertrauen im Mittelstand“ eine ganz besondere Bedeutung, was nicht nur daran liegt, dass im Mittelstand wohl mehr als ein Fünftel der Beschäftigten über 54 Jahre alt ist. Natürlich ist das Thema „Kampf um Talente“ schon lange im Sprachgebrauch aller Unternehmen, aber dennoch sind „Altersabbau-Programme“ vieler Konzerne fragwürdig, gehen doch mit vielen erfahrenen Mitarbeitern auch unglaublich großes Know-how und Erfahrung verloren. Vielleicht bemerkt der mittelständische Unternehmer eher – weil näher dran –, dass Mitarbeiter jenseits der 50 besser sind als ihr Ruf? Er sieht den Vorurteilen (zum Beispiel von hohen Gehälter, starrem Kündigungsrecht und Probleme mit jüngeren Vorgesetzten) gelassener entgegen und kennt die Vorteile durch Erlebtes mit älteren Beschäftigten, was durch umfangreiche Untersuchungen des Instituts der deutschen Wirtschaft bestätigt wird.

Vertrauen durch Loyalität

Den wohlverdienten und für das Unternehmen erfolgreichen Mitarbeiter, den man schon seit vielen Jahren beschäftigt und den man zu schätzen weiß, weil er loyal und zuverlässig ist, versucht man insbesondere im Mittelstand über die Regelaltersgrenze hinweg mit seinem Know-how zu beschäftigen. Auch im Rahmen der zunehmenden Automatisierung/Digitalisierung und dem verstärkten Einsatz von Technik, vertraut der Mitarbeiter seinem mittelständischen Unternehmer als Chef.

Reale & virtuelle Welten zusammenführen

In meinem Blogartikel im Frühjahr 2014 hatte ich die zukünftigen Welten im Handel beschrieben und bin damals zu dem Ergebnis gekommen, dass der stationäre Handel aber auch der E-Commerce betriebene Handel in Kombination zukünftig seine Existenzberechtigung haben wird. Nicht nur im Umfeld von Tante-Emma-Läden, auch bei großen Konsumgüter Herstellern sieht man das ja auch heute, wie z.B. exemplarisch bei Deichmann: Dort informieren sich ca. 50 Prozent der Kunden online bevor sie einen Schuh im Geschäft anprobieren, der, sollte er nicht in der passenden Größe vorrätig sein, ihm nach Hause nachgesendet wird. Andere Unternehmen, wie beispielsweise Adidas, versuchen die beiden Welten noch stärker durch neue Apps zu verbinden, in dem man abhängig vom User-Verhalten personalisierte Angebote generiert. Hier haben sich lediglich die Aufgaben aufgrund neuer und mit dem Ablauf entstehender komplexerer Prozesse verändert. Solche Aufgaben lassen sich in Unternehmen nur gemeinsam in einem Mix zwischen erfahrenen und jüngeren IT- affineren Beschäftigen lösen.

Digitalisierung vernichtet Arbeitsplätze nicht zwingend

Aber auch in anderen Branchen ist man unverändert auf das Know-how seiner älteren Mitarbeiter angewiesen, wenn man versucht seinem Kunden ein Stück „näher zu kommen“ oder ihn besser und schneller zu verstehen, auch um eine gewisse Auftragsstabilität erreichen zu können. Dazu fallen mir doch gleich einige Beispiele ein, wie exemplarisch der Bau von Heizungsanlagen: Hier hat der Hersteller nicht nur den Vorteil, dass er durch die direkte Kommunikation mit der Kundenheizungsanlage schon sagen kann, wann in den nächsten drei Wochen welche Verschleißteile ausgetauscht werden müssen. Er hat sogar durch dieses Wissen die Möglichkeit, die Teile direkt zu ordern und beim Kunden auch gleich im Vorfeld einen Termin auszumachen. Er erfährt dadurch sehr viel mehr über seine Produkte im Alltag und kann mit diesen Daten wichtige Rückschlüsse für Verbesserungen und Produktweiterentwicklungen nutzen. Fallen damit Arbeitsplätze weg, nur weil man näher am Kunden sein kann? Aus meiner Sicht nicht zwingend.

Dieser Frage hat sich auch das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) gestellt und ist aufgrund von Modellrechnungen für das Jahr 2035 zu dem Ergebnis gekommen, dass durch die Digitalisierung ca. 1,3 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden und auch eine ungefähr gleich große Zahl an neuen Arbeitsplätzen geschaffen werden, wobei es, wie man der Abbildung 1 entnehmen kann, wohl durchaus zu regionalen Unterschieden und leichten Abweichungen kommen kann.

Abb. 1: Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2035 (in 25 Wirtschaftsbereichen,
20 Berufshauptfeldern und 4 Anforderungsniveaus).
Quelle: QuBe-Projekt (www.QuBe-Projekt.de), 2018.

Digitalisierung generationen-übergreifend bewältigen

Das diese Techniken wie z.B. bei der dargestellten Heizungs-Fernwartung zustande kommen liegt auch daran, dass oftmals der Nachwuchs von Familiengesellschaften in die Geschäftsführung als „Chef Digitalisierer“ aufgenommen wird.

Nur durch die Kommunikation und Zusammenarbeit der Generationen wird es ein Erfolgsmodell. Das kann von der Kultur her schon eine Umgewöhnung für die bisherigen Mitarbeiter sein, bedeutet aber ein vom Unternehmer vorgelebtes neues Verständnis, was bei den eigenen Mitarbeitern das Vertrauen stärkt. Natürlich werden sich durch die Automatisierung bestimmter Prozesse zukünftig die Tätigkeitsfelder der Mitarbeiter verändern, was für viele das Erlernen neuer Fertigkeiten oder das Wechseln in ganz neue Berufsbilder bedeuten kann. Aber über eines bin ich mir in diesem Kontext ganz sicher: Der mittelständische Unternehmer wird dabei auch in Zukunft die Maxime vertreten, dem Tempo und dem technischen Fortschritt dort seine Grenzen zu setzen, wo das Herz des Unternehmens, der Zusammenhalt, in Gefahr gerät.

Politik muss Rahmenbedingungen für Digitalisierung schaffen

Aber was machen sich doch so viele Menschen Gedanken über die voll automatisierte Welt, wenn oftmals die dafür notwendige Infrastruktur fehlt, weil beispielsweise schlicht die Datennetze dafür (noch) nicht vorhanden sind. Diese Erkenntnis holt mich immer wieder auf den Boden aller Diskussionen zurück, wenn ich mit dem Auto aus Frankfurt kommend in Richtung Nordrhein-Westfalen unterwegs bin und auf den Autobahnen (A 3 oder A 45) in den letzten 15 Jahre unverändert die gleiche Frequenz an Funklöchern habe. Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn ich in der Zeitung lese, dass Firmen aufgrund fehlender IT-Infrastruktur an ihrem jetzigen Standort ihren Sitz verlegen müssen, um auch zukünftig wettbewerbsfähig sein zu können.

Aber die übrigen staatlichen Rahmenbedingungen sind für die wirkungsvolle Weiterentwicklung des Mittelstandes und der Wirtschaft ebenso von Bedeutung, um im globalen Wettrennen dabei zu sein. Ein entscheidender Faktor sind aus meiner Sicht die zukünftigen Ausbildungsberufe.

Daher hat sich beispielsweise in Deutschland das „Bundesministerium für Bildung und Forschung“ exemplarisch die Qualifikationen von Fachkräften und die Kompetenzen für die digitalisierte Arbeit von morgen untersucht und erkannt, dass in vielen Bereichen ist es noch zu früh ist, Eingriffe in Ausbildungsordnungen zu nehmen, da man noch nicht weiß welche Prozesse und Entwicklungen sich zukünftig letztlich durchsetzen werden. Die Ausbildungsordnungen werden daher auch künftig nur in größeren Zyklen von rund 10 Jahren überarbeitet. Ob das wirklich ausreicht?

Über den Autor Dr. Dirk Neukirchen und Allistro

Dr. Dirk Neukirchen schreibt seit September 2012 über aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich des privaten Beteiligungskapitals und setzt sich unter anderem mit den Anlagemöglichkeiten, der Mittelherkunft und den Rahmenbedingungen solcher Finanzierungsformen auseinander.

ALLISTRO ist eine von mittelständischen Unternehmern gegründete Beteiligungsgesellschaft. Unser Fokus liegt auf Nachfolgeregelungen im innovativen Mittelstand der DACH-Region, welche wir von unseren Büros aus Deutschland und der Schweiz begleiten.

Im Rahmen von Wachstumsfinanzierungen und Nachfolgeregelungen bieten wir gut positionierten mittelständischen Unternehmen eine langfristige Eigenkapitalbeteiligung.

Im Fokus stehen dabei Unternehmen mit Sitz im deutschsprachigen Raum und einem Umsatzvolumen zwischen € 5 Mio. und € 30 Mio. ALLISTRO arbeitet stets nach dem Leitsatz: „Werte schaffen – Werte erhalten“.

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